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Gesundheit & Körper

Mit Typ-1-Diabetes in die Wechseljahre

Alles eine Frage der Hormone: Zyklus und Diabetes

Irgendwann Ende 40 es bei den meisten Frauen soweit: Der Stoffwechsel läuft langsamer, der Zyklus wird unregelmäßig und schließlich bleibt die Regelblutung ganz aus. Eine Reihe von Symptomen kann mit der hormonellen Umstellung einhergehen und sich auch auf den Diabetes auswirken.
Wann die Wechseljahre genau beginnen, ist von Frau zu Frau unterschiedlich. Manche spüren bereits mit Mitte 40 erste Auswirkungen, bei anderen geht es erst zehn Jahre später los. Bei Frauen mit Diabetes setzt das Klimakterium nicht selten bereits einige Jahre früher ein. Ursache dafür könnten mit dem Diabetes zusammenhängende Veränderungen der Blutgefäße sein, die den Alterungsprozess der Eierstöcke möglicherweise beschleunigen. Während die Menopause an manchen Frauen scheinbar spurlos vorübergeht, geraten andere in ein Auf und Ab von Stimmungsschwankungen, Hitzewallungen und Schlafstörungen. Zusätzlich belastend können Scheidentrockenheit und der Verlust der Libido sein.

 

Menopause und Diabetes beeinflussen sich gegenseitig

Insulin ist ein Hormon und so hat der Diabetes ebenso Auswirkungen auf den Stoffwechsel wie Veränderungen anderer Hormone. „Es ist vor allem die hormonelle Umstellung, die sich auf die Blutzuckerkontrolle auswirkt“, sagt Professorin Petra-Maria Schumm-Draeger. Dafür seien insbesondere die Schwankungen der Östrogenspiegel verantwortlich und die könnten erheblich sein, so die Fachärztin für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie. Östrogen verbessere die Insulinsensitivität, folglich würden sinkende Östrogenspiegel mit einer Verschlechterung derselben einhergehen.

Hormonschwankungen über langen Zeitraum

Das Herausfordernde bei den Wechseljahren ist, dass es nicht zu einer gleichmäßigen und kontinuierlichen Abnahme des Östrogens kommt, sondern zu unvorhersehbaren Schwankungen. Schwankungen, die schwer einzuschätzen sind. „Die Veränderungen hinsichtlich der Insulinsensitivität begünstigen sowohl Hypo- als auch Hyperglykämien und können Stress verursachen“, erklärt Professorin Schumm-Draeger. Hinzu komme, dass sich dieses Auf und Ab über einen Zeitraum erstrecke, der sich nicht innerhalb von einem halben Jahr erledigt hat. „Nicht umsonst sprechen wir von Wechseljahren.“ Komme es immer wieder zur Ausschüttung von Stresshormonen, wirke sich dies ebenfalls auf den Blutzucker aus. Insgesamt könne eine bislang gute Blutzuckerkontrolle plötzlich in ein ziemliches Durcheinander geraten.
Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt auch das Gewicht. „Es ist für Insulinpflichtige ja ohnehin schwieriger, Gewicht zu halten und mit fortschreitendem Alter wird das nicht einfacher“, erklärt Petra-Maria Schumm-Draeger. Wenn durch sinkende Östrogenspiegel mehr Insulin benötigt werde, könne das zur Gewichtszunahme führen, die ihrerseits eine stabile Diabeteseinstellung erschwert

Diabetesmanagement und Wechseljahre

Wichtig in dieser Zeit ist Professorin Schumm-Draeger zufolge vor allem, dass die Frauen gut geschult sind. Hier müsse das Diabetes-Team wachsam sein, die Patientinnen umfassend aufklären und empathisch unterstützen. „Wenn man weiß, dass es in dieser Zeit zu solchen Schwankungen kommt, warum dies geschieht und was zu tun ist, fällt der Umgang damit leichter. An erster Stelle stehen hier regelmäßige Blutzuckerkontrollen, um dann, wenn nötig, Insulindosen anzupassen.“ Gleichzeitig sollte unbedingt vermieden werden, dass es zu einer Überinsulinisierung aufgrund von häufig erhöhten Blutzuckerwerten kommt. Hier muss man einen guten Mittelweg finden“, sagt die Fachärztin und weist auf die Bedeutung einer möglicherweise engmaschigeren Kontrolle durch das Diabetes-Team hin. Eine gute Unterstützung hierfür biete auch ein CGM-System. Neben einer vorsichtigen und wohl überlegten Insulintherapie, bestenfalls gestützt durch die kontinuierliche Glukosemessung mittels CGM-System, spielen auch Lebensstilfaktoren eine bedeutende Rolle: In erster Linie geht es um gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung. Es hat sich gezeigt, dass sportliche Frauen in der Regel besser durch die unruhigen Zeiten kommen als Frauen, die sich wenig oder gar nicht bewegen. „Neben regelmäßiger körperlicher Aktivität sollten auch Entspannungsübungen zum Alltag gehören. Das kann Yoga, Mediation oder autogenes Training sein – je nachdem, was einem liegt“, sagt Professorin Schumm-Draeger. Gesunde Lebensführung und eine positive Lebenseinstellung würden am besten dabei helfen, einen guten Umgang mit den Wechseljahren zu finden.
Übrigens: Es ist nicht immer leicht zu unterscheiden, ob ein Schweißausbruch als Symptom der Wechseljahre auftritt oder gar ein Vorbote für eine drohende Hypoglykämie ist. Hier heißt es dann immer wieder: Blutzucker messen.

 

Nicht nur der Östrogenspiegel verändert sich

Mit Beginn der Menopause und durch die hormonelle Umstellung steigt das generelle Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und auch in diesem Zusammenhang ist eine stabile Diabeteseinstellung wichtig. Professorin Schumm-Draeger rät dazu, unbedingt die Vorsorge-Check-ups in Anspruch zu nehmen. Im Blick behalten sollte man auch Osteopenie und Osteoporose, denn Hormonmangel ist eine schlechte Voraussetzung für die Knochengesundheit. „Wenn dann noch Vitamin-D-Mangel hinzukommt, was sehr häufig ist, steigt das Risiko weiter. In Kombination mit Bewegungsmangel, Rauchen und einseitiger Ernährung insgesamt sehr ungünstige Voraussetzungen.“

Hormonersatztherapie bei Typ-1-Diabetes?

Ob eine Hormonersatztherapie zum Einsatz kommen soll, ist individuell und in Hinblick auf das persönliche Risikoprofil zu entscheiden und muss gynäkologisch abgeklärt werden. Im Blick haben sollte man dabei insbesondere eine mögliche familiäre Belastung hinsichtlich Brustkrebs. „Gibt es keine Kontraindikation und sind die Beschwerden belastend“, sagt Petra-Maria Schumm-Draeger, „kann es phasenweise sinnvoll sein, hormonelle Therapien einzusetzen. Ich würde hier insbesondere die sogenannten transdermalen Produkte – also Gel, Spray oder Creme – empfehlen, die lokal auf der Haut angewendet werden.“ Das gelte für Frauen mit und ohne Diabetes gleichermaßen. Denn, so die Fachärztin, „je besser man sich insgesamt fühlt und je ausgeglichener der Östrogenspiegel dann ist, desto günstiger ist das für die Blutzuckerwerte.“ Übrigens könne man mit Cremes, die im Genitalbereich zum Einsatz kommen, gleichzeitig das Risiko für Blaseninfekte und Schmerzen beim Sex verringern. Hintergrund: Die Haut wird durch das mangelnde Östrogen dünner und trockener, das macht sie empfindlicher und anfälliger für Infekte.

 

Prof. Dr. med. Petra-Maria Schumm-Draeger ist Fachärztin für Innere Medizin, Endokrinologie, Diabetologie und ärztliche Direktorin am Zentrum Innere Medizin/Fünf Höfe in München.

Osteopenie steht für eine Minderung der Knochendichte, bei der Osteoporose wird im ganzen Skelett Knochensubstanz abgebaut, die Knochen werden porös, instabil und brechen schneller.

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